Freunde der 120kg-Klasse

die neue Leichtigkeit des Fliegens

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SierraGolf
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Freunde der 120kg-Klasse

Beitrag von SierraGolf » So 27. Feb 2011, 08:54

vor einem Jahr habe ich in der Ruprik: "120kg-Vorschläge zu Bauvorschriften" folgendes geschrieben:
Hallo Leute,

am verg. Samstag auf dem Bay.Fliegertag in Fürsty aus verläßlicher, kompetenter Very Happy Quelle: An Bauvorschrift wird geabeitet!

Ziel: Bis auf unbedingt notwendige Eckpunkte, möglichst wenig Einschränkung!

Leermasse mit 120kg per Gesetz bereits festgelegt.
Was brauchen wir außer:
---> Mindestgeschwindigkeit,
---> Lastvielfache, und
---> Böenbelastungen den sonst noch?


Vom fliegenden Gartenstuhl bis zum 20KW-e-Fliegerle sollte eigentlich ALLES möglich sein.

Schön' Abend noch, Servus: Siggi Very Happy
Gestern war auf dem LVB-Fliegertag in Ansbach zu hören, daß DULV und DAeC mit LBA und Ministerial-Bürokraten bisher ergebnisslos verhandelten um mit den vom LBA eingeforderten Bauvorschriften die Prüfberechtigung zu erhalten.
Das Gesetz ist da, um das Feintuning wird leider seit einem Jahr :cry: gestritten!

Servus: Siggi[/b]
Zuletzt geändert von SierraGolf am Sa 12. Mär 2011, 15:32, insgesamt 1-mal geändert.
Mike
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Beitrag von Mike » So 27. Feb 2011, 13:02

Sierra Golf schrieb:
Vom fliegenden Gartenstuhl bis zum 20KW-e-Fliegerle sollte eigentlich ALLES möglich sein

Genau das soll nach dem Willen des DULV nicht sein. Jo Konrad will unbedingt die LTF-UL ohne Veränderung durchsetzen.

Was das bedeutet, habe ich mal überschlägig von einem Flugzeugbauer und - rechnerisch - von einem Ingenieur prüfen lassen: Echte Low + Slow - Fliegerchen wie z.B. das kleine amerikanische Rohr-Tuch-Gerät Belite 264 (In England inzwischen als SSDR am Markt) haben keine Chance, die Musterprüfung mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand für den Vertrieb in Deutschland zu bestehen. (Ich wollte mir so ein Gerät gerne mit einem relativ sicheren B+S Viertakter bauen lassen. Mit dem Gewicht hätte es wahrscheinlich sogar in der 120 kg Sub-Klasse klappen können)

Auch mein ULI von Roman Weller, Parade-Beispiel für ein echtes "Low + Slow - Gerät", käme heute nicht durch die Zulassung nach LTF-UL, weil er sich bei der "Bemessungsgeschwindigkeit" (?) von 150 km /h ziemlich verbiegen und vielleicht sogar zerlegen würde (dreifache Mindestgeschwindigkeit, wenn ich das richtig verstanden habe). Da nützt es nichts, dass das brave Fliegerchen eine Vne von nur 95 km/h hat und extrem sicher ist, wenn es in seinen Betriebsgrenzen geflogen wird.

LTF-UL mit 65 km/h Mindestgeschwindigkeit bedeutet für die 120er Dreiachser stattdessen:

Dem Markt werden dann kleine Mini-Racer aus Verbundstoffen angeboten wie der AIRector von Jo Konrads ehemaligem Vorstandskollegen Ebeling. Mit MWSt und etwas Ausstattung so etwa ab 55 TSD Euro aufwärts. Maßgeschneidert für die Leute, die sich für relativ viel Geld relativ wenig Flugzeug mit kleinem Zweitaktmotörchen leisten wollen, nur um dem Medical zu entfliehen und sich trotzdem in einem "schnittigen", repräsentativen Gerät zeigen zu können.

Und im Gegenzug soll kleinen, preiswerten und sicheren Einfach-Geräten, die in USA und England in den deregulierten Klassen fliegen, in Deutschland der Marktzugang verbaut werden. (Neu-Zulassung oder Musterprüfung nach der alten BfU ist ja nicht mehr möglich, ein ULI käme bei uns schon lange nicht mehr in die Luft.)

Nach meiner Meinung gehört zu den deregulierten, medicalfreien Geräten eine deutliche Herabsetzung der Mindestgeschwindigkeit, wenn sie mit kleinen, bekanntlich nicht immer sehr zuverlässigen Verbrennungsmotoren ausgerüstet sind. 65 km/h, die von ausgebufften Werkspiloten unter Motorlast gerade mal so eben erflogen werden, aber bei Motorausfall vom Normalpiloten in einer Stress-Situation niemals erreicht werden, bedeuten bei den zu erwartenden häufigen Außenlandungen ein unnötig hohes Sicherheitsrisiko. Gerade auch für unbeteiligte Dritte. Das liefert dann wieder neue Munition für die Luftsportgegener. Und im schlimmsten Fall ein schnelles "Aus" für die neue Freiheit.

Bei den per se zuverlässigeren Elektroantrieben ist das natürlich etwas anders zu sehen. Aber auch ein in meinen Augen zukunftweisendes Gerät wie die Electra One von Gologan begnügt sich mit deutlich abgesenkter V min, anstatt aggressiv die Höher - Schneller -Weiter- Philosophie mit möglichst viel Vmax zu vermarkten.

Ich kann nur hoffen, dass sich Jo Konrad nicht durchsetzt und wir stattdessen endlich wieder das bekommen, was er selbst früher gefördert hat: Einfache, preiswerte Geräte, die auch für Einsteiger, Wenig- und reine Schönwetterflieger interessant sind. Kurz: Das, was es in Deutschland schon lange nicht mehr (als Neukonstruktion) zu kaufen gibt.

Anbieter und Käufer teurer Möchtegern-Racer gibt es heute mehr als genug. Die lang ersehnte neue Freiheit mit 120 kg-Dreiachsern sollte nicht den wirtschaftlichen Interessen jener Hersteller geopfert werden, welche diese zahlungsfähige Zielgruppe nun auch medicalfrei bedienen wollen.

Mike
Harriet
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Beitrag von Harriet » So 27. Feb 2011, 13:47

xxx
Zuletzt geändert von Harriet am Do 3. Mär 2011, 08:21, insgesamt 1-mal geändert.
SierraGolf
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"Bemessungs-Höchstgeschwindigkeit"?

Beitrag von SierraGolf » So 27. Feb 2011, 14:40

Hallo Mike,
bei Calin Gologan finde ich für die Elaktra One nur diese Werte:
Elektra One (Basic UL), empty weight:120 (incl. basic battery)
MTOW (kg) 300
wing surface (m2) 6,4
wing span (m)8,6
wing loading 46 (max.)
payload (kg) 90

Eine abgesenkte vmin, wie Du schreibst, finde ich allerdings nicht!
Bei den per se zuverlässigeren Elektroantrieben ist das natürlich etwas anders zu sehen. Aber auch ein in meinen Augen zukunftweisendes Gerät wie die Electra One von Gologan begnügt sich mit deutlich abgesenkter V min, anstatt aggressiv die Höher - Schneller -Weiter- Philosophie mit möglichst viel Vmax zu vermarkten.
Woher kommt diese Aussage?

Ja, und woher kommt eigentlich der Faktor "3" mal vmin für die Berechnung der "Bemessungs-Höchstgeschwindigkeit"?
In den Bauvorschriften für Gleitflugzeuge (LFG 2005) steht z.B. dazu:
(f) Bemessungshöchstgeschwindigkeit VD
Die Bemessungs-Höchstgeschwindigkeit VD kann vom Antragsteller gewählt werden,
jedoch darf sie nicht kleiner sein als:
"15 mal 3te Wurzel aus Flächenbelastung div. durch cw-min" *)
Resultiert daraus der Faktor "3"?

Servus: Siggi

*) kann es leider nicht als Formel darstellen :(
Mike
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Beitrag von Mike » So 27. Feb 2011, 19:43

SierraGolf schrieb zur Elektra:
Eine abgesenkte vmin, wie Du schreibst, finde ich allerdings nicht!
Woher kommt diese Aussage?


Ich beziehe mich auf die Seite von Gologan / PC Aero - Seite Electric Aircraft / E-Plane Family "Elektra One Solar - technical- and concept description"

http://www.aircraft-certification.de/in ... amily.html

Gologan gibt hier als V min für die Solar-Version 45 km/ h an, für eine spätere Acro-Version der Elektra 65 km/h. Die "normale" Elektra muss wohl irgendwo dazwischenliegen. Daher habe ich keine Zahl genannt. Und außerdem: Bei zuverlässigen E-Antrieben habe ich die Herabsetzung der V min nicht als zwingend notwendig eingestuft.

Auch beim ULI will ich gerne das Hantieren mit Formeln den Profis überlassen. Es geht mir bei der VD nicht um x km/h rauf oder runter. Wie ich schrieb, habe ich da in den Gesprächen mit den Fachleuten vielleicht nicht alles richtig verstanden - und vor allem nichts mitgeschrieben.

Das ist auch nicht nötig, denn es geht mir um dieses benannte und in meinen Augen "gesicherte" Ergebnis:

Der ULI ist - nach Aussage seines Herstellers - nach LTF UL nicht zulassungsfähig (zu vertretbaren Kosten). Wer das bestätigt haben will, kann das von Roman Weller aus erster Hand erfahren. Und das ist der Punkt, dessen Diskussion ich anstoßen möchte:

Neu zugelassene / mustergeprüfte Flugzeuge dieser Art wird es in der 120 kg -Klasse nach meinem Kenntnisstand daher nicht geben, wenn als Bauvorschrift LTF - UL unverändert übernommen wird (ganz abgesehen vom Thema Mindestgeschwindigkeit).

Meine Frage lautet: Sind die Anhänger von "Low + Slow" sich dessen bewusst? Und vor allem: Finden sie das in Ordnung?

Ich persönlich fände es sehr schade, wenn jetzt die Chance vertan würde, dass nun wenigstens bei den 120 kg - Dreiachsern endlich wieder einfache, preiswerte Geräte entsprechend der "Low + Slow -Philosophie" auf den Markt kommen können. Durch vereinfachte Bauvorschriften, die mit vertretbaren Entwicklungs- und Musterprüfungs- Kosten dafür Raum geben. Was natürlich im Gegenzug eine deutliche Selbstbeschränkung dieser Klasse in Sachen "Höher - Schneller - Weiter" bedeuten müsste. Flattertests sind nun einmal aufwändig und teuer. Aber bei schnellen Teilen unbestritten nützlich.

Anders, an einem praktischen Beispiel gesagt: Lanitz Aviation ist nach einigen verstärkenden Modifikationen wohl in der Lage, den Escapade Kid (One) nach LTF-UL durch die Musterprüfung zu bekommen. Aber das Gerät ist so schwer, dass nur noch ein 8,5 (?) Kg leichter Zweitakt - Modellflugmotor (von 3W?) in das Gewichtslimit passt. Mir persönlich wäre eine Bauausführung mit leichteren Flächen ähnlich ULI-Technologie und verringerter Vne, dafür aber mit einem Viertakter wie z.B. dem B+S lieber. Und - wie an einem Bausatz der Belite 264 schon mal grob geprüft - wahrscheinlich im Gewichtslimit machbar.

Kurz und insbesondere an die Adresse vom DULV: Wenn schon LTF-UL für eine neuen Generation von High-Speed-120ern, dann bitte zusätzlich eine vereinfachte Regelung für echte Low+Slow-Geräte wie in England und USA. Vielleicht lässt sich ja die offenbar festgefahrene Verhandlung zwischen den Beauftragten und dem LBA wieder etwas in Richtung Low + Slow in Gang setzen, wenn sich die Betroffenen an die Macher wenden.....

Mike
Timpilot
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Beitrag von Timpilot » So 27. Feb 2011, 21:34

Hallo,

ich verstehe nicht warum einerseits ein "sicherer" Briggs&Stratton 4-Takter eingebaut werden soll, andererseits ein Bestandteil der Bauvorschrift, der eindeutig nur aus Sicherheitsgründen eingefügt ist ungewünscht ist.

LTF-UL 335 sagt unter:

1. Manövergeshwindigkeit Va = 2 x Vs1

3. Bemessungshöchstgeschwindigkeit Vd >/= 1,5 x Va

daraus ergibt sich, dass Vd >/= 3x Vs1 sein soll.

Vs1 ist die Überziehgeschwindigkeit mit eingefahrenen Klappen bei Höchstmasse ohne Motorleistung.

Also, mal angenommen ein einfach-UL ohne Klappen hat eine Überziehgeschwindigkeit von 40km/h, dann muss es bis Vd = 3x40 = 120km/h ausgelegt werden. Vne wäre dann 108km/h, weil max. 0,9 x Vd.

Mit einem Flieger der bei 40km/h aufhört zu fliegen wird man wohl so bei 60 - 80km/h im Reiseflug sein, denke ich. Ist es da nicht gut noch 28 - 48km/h bis zur Vne zu haben?? Passiert ja doch mal, dass man unaufmerksam ist (Karten sortieren usw.) und das Flugzeug ungewollt beschleunigt. Auch in der Thermik steigt die Geschwindigkeit gern mal plötzlich an. Da sind auch beim Gartenstuhl 40km/h nicht viel Reserve bis zum Abfangen oder zum Drücken um in der Thermik nicht unkontrolliert davon zu steigen.

Andererseits sind die Lasten auch bei 120km/h noch so niedrig - wenn ein Flieger das nicht aushalten kann wäre mir das zu unheimlich dort einzusteigen. Bei abgestrebten oder verspannten Konstruktionen ist das auch nicht so schwer (im doppelten Sinne) diese Festigkeit zu erreichen.
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juergen_d
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Beitrag von juergen_d » Mo 28. Feb 2011, 17:36

Hallo,

Möglicherweise existiert hier eine Fehlinterpretation? Wenn man als Vs1 die max. vorgabe der LTF-UL einsetzt (65 km/h), kommt man auf die ominösen 195 km/h, die allerorts kursieren.

Nur kommt mir die Rechnung von Tim wesentlich plausibler vor. Wollen die bei den Verbänden wirklich eine Auslegung aller UL auf 195 km/h berechnet sehen?

Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Möglicherweise bin ich aber auch zu naiv :(

Gruß, Jurgen
Abdul
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Beitrag von Abdul » Mo 28. Feb 2011, 18:57

Tja, das ist leider so.
Die anzunehmenden Lasten durch die Leitwerke beinhalten auch die Kraft, die bei 1/3 Vollausschlag bei VD auftreten. Und VD kann nicht vom Konstrukteur frei festgelegt werden, sondern muss eben die erwähnten Mindestanforderungen erfüllen.

Michael
Abdul
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Beitrag von Timpilot » Mo 28. Feb 2011, 23:03

Ja, aber die Vs1 kann vom Konstrukteur vorgegeben werden.
Vs1 (in LTF-UL 355 bei eingefahrenen KLappen) bitte nicht mit Vso (Landekonfiguration) verwechseln!!
Ein Ul muss eine Mindestgeschwindigkeit (Vso) von höchstens 65km/h haben. Weniger darf es gern sein. Die Vs1 in LTF-UL 355 ist aber höher oder, ohne Klappen, gleich groß wie Vso.
Wenn Vso kleiner wird, dann kann es auch Vs1 (LTF-UL355) und damit auch Vd.
Wer eine geringe Vd will muss also eine geringe Vs1 mit eingefahrenen Klappen erreichen - also große Flügel, am besten dann ganz ohne Klappen.

Alle anderen Lasten ergeben sich aus den Geschwindigkeiten und sind keineswegs festgelegt. Wer langsam will, der kann das auch.

Damit bietet die LTF-UL doch auch für Low und Slow das was man braucht, oder!?
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pehy
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Beitrag von pehy » Di 1. Mär 2011, 08:03

Ich sag's doch: Sofort eine moderne SunriseIII entwickeln. :D
Mit Oratex-Bespannung, 45-50 PS-Industriemotor-Ableger, insgesamt auf geringes Gewicht optimiert. Ich weiß nicht, ob man die sogar so auslegen kann, daß man eine Einsitzer-Variante in der 120kg-Klasse und einen etwas schwereren Zweisitzer knapp drüber mit gleicher Teilebasis hinbekäme. Die erste Sunrise soll mit ihrem Dreieckschwanz und der durchscheinenden Bespannung ziemlich leicht gewesen sein. ...Meinjanur...

Grüße, Peter
Mike
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Beitrag von Mike » Mi 2. Mär 2011, 23:03

Timpilot schrieb:
Damit bietet die LTF-UL doch auch für Low und Slow das was man braucht, oder!?

Hallo Tim,

ein zweifaches Danke von mir:

1) Weil Du der erste (und bislang einzige) bist, der auf meine Frage geantwortet und klar Stellung bezogen hat: Du bist der Auffassung, dass LTF-UL auch für die 120er in Ordnung geht.

2) Du hast offensichtlich vertieftes und "verdautes" technisches Wissen in Sachen Bauvorschriften. Das würde ich gerne "anzapfen":

Wie sieht es mit den Forderungen aus, welche Lasten z.B die Querruder aushalten müssen und welches Spiel dabei für die Steuerungselemente zulässig ist? Dito Leitwerk etc.

Hintergrund meiner Frage: Sind z. B. einfache Anlenkungen über Seilzüge noch machbar? Und insgesamt: Wie hoch ist der Entwicklungs- und Musterprüfungsaufwand im Unterschied zu den alten BfU?

Mir geht es ja darum, dass von den gewerblich ausgerichteten, d.h in vernünftigem Rahmen auf Profit ausgerichteten Herstellern nicht nur teure Hochleister, sondern auch einfache Geräte zu Preisen zwischen 20 und 30 TSD Euro angeboten werden können. Und ich habe nach meinen Gesprächen die Befürchtung, dass das auf Basis von LTF-UL wahrscheinlich sehr schwer bis unmöglich sein wird. Lanitz macht ein aus meiner Sicht "politisches" Einführungsangebot, da er sich im Markt neu positionieren möchte: Als Lanitz Aviation und nicht nur als Folienmacher. Von Technik verstehe ich nicht viel, von Marketing schon etwas mehr. Den 20.000,- Euro-Preis wird er nicht mal zur Kostendeckung halten können. Und mit einem "richtigen" Motor schon gar nicht.

Eine fundierte Einschätzung in dieser Frage könnte es mir und anderen erleichtern, sich mit LTF-UL für die 120er entweder anzufreunden oder aus gutem Grund dagegen zu stimmen. Denn gegen zusätzliche Sicherheit, sofern sie auch für einfachste Flieger bezahlbar bleibt, wird sich niemand wehren.

Im Nachgang zu Vd: Ich brauche wegen Stellplatzproblemen einen echten Klappflügler. Da es bei den 120ern in absehbarer Zeit mit der kleinen Escapade Kid oder der Belite 264 wohl nichts mehr wird, habe ich einen Kitfox 4 gekauft, der bislang in der Schweiz als Experimental unterwegs war. Die Zulassung bei uns als UL erfolgt nach BfU, Kennblatt 61206.
Du hast geschrieben:

daraus ergibt sich, dass Vd >/= 3x Vs1 sein soll.

Bei Vmin von 65 (das Datenblatt nennt nicht die Vs1) beträgt die Vd also 195 km / h. Die Vne beträgt aber nur 186 km /h. Ich gehe wohl richtig in der Annahme, dass dieser Flieger, der in der sehr sicherheitsbewussten Schweiz vergleichbar unserer "E-Klasse" als Experimental geflogen wird, nicht nach LTF-UL zulassungsfähig wäre?

Und das ist mein Thema: Sogar für den Status als BfU-Gerät musste ich verstärkte Leitwerks-Streben bestellen / fertigen lassen. Haben wir vielleicht etwas überzogene und recht kostentreibende Sicherheitsstandards? Oder sind die Schweizer etwas verantwortungslos?

Es geht bei den 120ern um ein Stückchen mehr Freiheit und Selbstverantwortung. Wird dieses Ziel nicht erstickt durch Normen, die schärfer und teurer sind als für Experimentals - die ein Vielfaches wiegen und auch deutlich schneller sein können?

Beste Grüße,

Mike
Fiedler R.
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Beitrag von Fiedler R. » Do 3. Mär 2011, 07:26

hallo, wie wär´s mit:
http://www.lba.de/cae/servlet/contentbl ... _24_05.pdf
Beachte: Vorwort
Beachte:LTF 3 Anwendbarkeit- ....c

Bekanntlich wurde der § 1. Abs 4 LuftVZO geändert
Die Geschichte mit dem Motor ist raus.
mfG
Rudolf
Timpilot
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Beitrag von Timpilot » Do 3. Mär 2011, 09:00

Mike hat geschrieben: ...
2) Du hast offensichtlich vertieftes und "verdautes" technisches Wissen in Sachen Bauvorschriften. Das würde ich gerne "anzapfen":
...
Hintergrund meiner Frage: Sind z. B. einfache Anlenkungen über Seilzüge noch machbar? Und insgesamt: Wie hoch ist der Entwicklungs- und Musterprüfungsaufwand im Unterschied zu den alten BfU?

..., sondern auch einfache Geräte zu Preisen zwischen 20 und 30 TSD Euro angeboten werden können. Und ich habe nach meinen Gesprächen die Befürchtung, dass das auf Basis von LTF-UL wahrscheinlich sehr schwer bis unmöglich sein wird.
...
Eine fundierte Einschätzung in dieser Frage könnte es mir und anderen erleichtern, sich mit LTF-UL für die 120er entweder anzufreunden oder aus gutem Grund dagegen zu stimmen. Denn gegen zusätzliche Sicherheit, sofern sie auch für einfachste Flieger bezahlbar bleibt, wird sich niemand wehren.
...
Haben wir vielleicht etwas überzogene und recht kostentreibende Sicherheitsstandards? Oder sind die Schweizer etwas verantwortungslos?

Es geht bei den 120ern um ein Stückchen mehr Freiheit und Selbstverantwortung. Wird dieses Ziel nicht erstickt durch Normen, die schärfer und teurer sind als für Experimentals - die ein Vielfaches wiegen und auch deutlich schneller sein können?

Mike
Hallo Mike,

ich kann mich als Flugzeugbauer und Luftfahrtingenieur bezeichnen, wenn Dir das reicht. :wink:

Anlenkungen mit Seil sind natürlich möglich. Das gibt es ja auch bis hoch in die zertifizierte Luftfahrt. Seile sind kein grundsätzliches Problem. Alles was man macht muss aber vernünftig gemacht werden.

Ja, ich denke man kann Flugzeuge auch für unter 30T Euro anbieten. Das ist dann aber sicher Low and Slow und kein Composite. Am besten wird dann wohl Rohr-Tuch abschneiden, wo man viel maschinell viel vorbereiten kann.

Ich versteh die ganzen Wünsche der "echten" Low and slow fraktion hier. Ich persönlich finde aber Slow solte noch Reisegeschwindigkeitn von 150...160km/h zulassen, damit man nicht nur in der "Platzrunde" fliegt. Das wird schwierig, wenn man mit kleinen leichten Motoren auskommen will aber für Vso=55km/h große Flügel braucht. Deshalb würde mir eine Übernahme der LTF-UL auch für 120er gefallen.

Du kannst Experimental nicht mit zugelassenen Flugzeugen vergleichen. Wenn Du in D ein Flugzeug im Amateurbau baust, dann musst Du zwar auch nach vorhandenen Bauvorschriften Designen und Bauen. Es gibt aber Erleichterungen, die im Ermessen der Gutachter liegen.

Ich halte unsere Vorschriften nicht für überzogen, nur die Kosten für zu hoch und ich halte die Schweizer auch nicht für Leichtsinnig.
Deine Rückschlüsse ziehst Du zu einfach. Die verschiedenen Methoden Flugzeuge legal in die Luft zu bringen lassen sich nicht so einfach vergleichen.
Mike
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Beitrag von Mike » Sa 5. Mär 2011, 16:57

Timpilot schrieb:
Ich persönlich finde aber Slow solte noch Reisegeschwindigkeitn von 150...160km/h zulassen, damit man nicht nur in der "Platzrunde" fliegt.
Das wird schwierig, wenn man mit kleinen leichten Motoren auskommen will aber für Vso=55km/h große Flügel braucht.


Hallo Tim,

mit den kleinen Zweitaktern gibt es leider ganz andere Gründe, warum man nicht aus der Platzrunde herauskommt: Ein Kollege (persönlich bekannt, also keine Story nur vom Hörensagen) hatte mit einem Hirth F33 in der letzten Saison 5 Motorausfälle. In 3 Fällen musste er auf den Acker, weil er die „Platzrunde“ etwas zu großzügig bemessen hatte.

Glücklicher Weise saß er in einem echten „Slow-Gerät“. Deshalb ist er nur verärgert, aber wohlauf und der Flieger wiederverwendbar. Beides wäre bei einem der Winz-Racer, die uns mit vergleichbaren Motoren beglücken sollen, wahrscheinlich anders.

Die Betriebssicherheit moderner, „großer“ ULs besteht primär in zuverlässigen Antrieben wie dem 912, welche analog zu kleinen Einmots der GA die Landung auf einem geeigneten Fluggelände praktisch immer als gesichert erscheinen lassen. Das prägt die Verhaltensweise der Masse der Piloten, für die das Thema „Außenlandung wegen eines Antriebsdefekts“ nur noch eine theoretische Bedeutung hat.

Umgekehrt haben die Ein- und Zweizylinder Winz-Zweitakter, die als Antriebe der 120er Dreiachser zur Debatte stehen, ihre geringere Zuverlässigkeit nun über Jahrzehnte hinweg hinreichend nachgewiesen. Die Sicherheit eines „Leichten Luftsportgeräts“, das auf diese Antriebe angewiesen ist, besteht daher zwangsläufig primär in einer so geringen V min, dass bei vernünftiger Streckenführung eine Notlandung auch von durchschnittlichen Piloten auf einem kleinen Stückchen Wiese oder Acker zu meistern ist. Analog zu Trike- und Motorschirm-Piloten, die mit diesen Antrieben ein wirklich vertretbar geringes Risiko eingehen, da sie praktisch überall sicher landen können.

Kurz: Unter dem vorrangigen Aspekt „Sicherheit“ ist eine herabgesetzte V min für die „Leichten Luftsportgeräte“ unverzichtbar, so lange innerhalb des 120 kg-Limits keine (Verbrennungs-) Motoren zur Verfügung stehen, deren Zuverlässigkeit den Antrieben moderner ULs auch nur nahe kommt. Denn Außenlandungen wegen Triebwerksdefekt werden für sehr viele LL-Piloten früher oder später Realität werden – ganz im Gegensatz zu den Piloten herkömmlicher ULs.

Anders sieht das natürlich bei Elektroantrieben aus. Nach entsprechender Enwicklungsarbeit darf man hier wohl eine höhere Betriebssicherheit erwarten als selbst bei den 912ern. Was eine Herabsetzung der V min im Hinblick auf Notlandungen überflüssig macht.

So lange es aber um 120er Dreiachser mit den heute verfügbaren Verbrennungsmotoren geht: Bei einer unveränderten Vmin entsteht in Sachen fachlicher Fürsorgepflicht eine offene Flanke für erfolgversprechende Klagen gegen das LBA. Weil eine Fluggeräte-Art, welche im Vergleich zu „großen“ Uls die Risiken für Piloten und unbeteiligte Dritte rund um das Thema Notlandung nachweislich erhöht, ausgerechnet einer Pilotengruppe zugesprochen wird, bei der auf die weitere Überprüfung der Flugtauglichkeit verzichtet wird – sowie auf eine verpflichtende Jahresnachprüfung für das Fluggerät. Vor Gericht – und es wird wie bislang auch in Zukunft immer Klagen von irgendwelchen Geschädigten geben - dürfte dies weder den Richtern noch der Öffentlichkeit positiv vermittelbar sein. Was zu einem schnellen Ende bzw. neuer Reglementierung dieser lange herbeigesehnten Klasse der „wirklich leichten Fliegerei“ führen kann.

Trotz dieser einfachen, plausiblen Zusammenhänge sind natürlich alle potenziellen Entwickler, Zulieferer und Hersteller von schnellen 120er Dreiachsern gegen die Herabsetzung der Vmin – Du eingeschlossen. Neben der Begeisterung für das technisch Machbare (was aber bekanntlich nicht zwangsläufig auch das Sinnvolle ist) argumentierst Du wie die ganze Branche natürlich vor allem aus Geschäftsinteresse. Das ist auch Dein gutes Recht. Und Du schreibst ja hier auch nicht (nur) als Privatmann, sondern signierst ganz offen mit Deiner Firma.

Da gilt natürlich der alte Spruch: „Wes Brot ich ess´, des Lied ich sing“. Du kannst Dich ja schlecht gegen die Elite der „Höher-Schneller-Weiter-Ideologie“ wenden, für die Du arbeitest und die Deine Brötchen bezahlt. Sonst hättest Du morgen nichts mehr zu futtern. Flight Design z.B. kann man ja nun wirklich nicht unbedingt als tonangebend für die Low+Slow-Idee sehen.

Und wenn Dir eine Reiseleistung von „150 .... 160 km/ h“, wie Du schreibst, wichtiger ist als die dringend benötigte V min von 55 km/h für die voraussehbar häufigeren Außenlandungen, so finde ich das schon fast sarkastisch. Schließlich bist Du mit knapp über 140 km/h Reiseschnitt mit Deiner Rans S-6 ganz ordentlich aus der Platzrunde heraus bis nach Spanien gekommen. Und ich bin mit meiner Pioneer 300 nicht viel weiter unterwegs gewesen als mit meiner Rans S-7, die sich mit 140 km/h Reise am wohlsten gefühlt hat. Warum sollte ein medicalfreies und der offiziellen technischen Kontrolle entzogenes Gerät schneller und weiter unterwegs sein?

Deine Geschwindigkeitsforderung scheint mir doch etwas willkürlich gesetzt, insbesondere wenn sie sehenden Auges nur im Tausch gegen erhöhtes Risiko erfüllbar ist. Mit anderen Worten: Hier wird ohne Rücksicht auf Verluste im Sinne der besseren Vermarktungs- und Profitchancen mit der Wurst nach der Speckseite geworfen.

Die Art, wie der AIRector auf der AERO präsentiert wurde, zeigte überdeutlich, wes Geistes Kind der Hersteller ist: In roter Farbe war über das ganze Mock Up vom Leitwerk bis zu den Flächen riesig das einzig herausgestellte Verkaufsargument gepinselt:"Ohne Medical".

Dieser Mini-Racer wurde für eine kaufkräftige Kernzielgruppe entwickelt, deren Idealtypus früher E-Klasse flog, dann auf die inzwischen leistungsfähigeren ULs umstieg, weil die mehr „Kick“ brachten, und nun im vorgerückten Alter dem Medical entgehen, aber deshalb noch lange nicht auf „heiße“ Geräte verzichten will. Und nur deshalb ist dieser Käufertypus bereit, sehr viel Geld für ein – im Vergleich zum Preis - miserabel motorisiertes Fliegerchen auszugeben. Und weil er weder Segelflieger war noch ULs der ersten Stunde bewegt hat, läuft er erhöhtes Risiko, sich und andere bei der ersten Außenlandung seines Lebens in seinem schnittigen Gerät wegen der zu hohen V min erheblich zu verletzen.

Wer sein Medical nicht erneuern kann oder will, kann sich im Gegenzug auch mit 130 km/h Reise zufrieden geben. Und damit oder sogar mit etwas mehr „Speed“ sind 55 km / h V min wohl machbar, oder?

Ich hoffe, das LBA schiebt den in meinen Augen gewissenlosen Anbietern einen Riegel vor, die förmlich in „Goldgräberstimmung“ sind, weil sich jetzt auch mit sehr kleinen Fliegern vielleicht ordentlich Geld verdienen lässt, wenn die V max durch möglichst hohe V min zu Lasten der Sicherheit ausgereizt wird.

Beste Grüße,

Mike
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erkki67
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Beitrag von erkki67 » Sa 5. Mär 2011, 18:19

Hallo Mike

Ich stimme Dir mehr oder weniger zu nur denke ich, sollte die bewährte FAR103 übernohmen werden bis auf die limitierte Vcr welche weggelassen werden kann.

Die Vmin in der FAR103 wurde mit ca 42km/h bemessen.

Um es in Deutschland zu vereinfachen sollte es auf 45km/h begrenzt werden rein rechnerisch und wenn es dann real 55km/h sind auch gut.

Die FAR103 ohne Fahrwerksforschriften und ohne max Vcr übernehmen und punkt.

Ob jemand dann einen El-Motor, Turbine oder Benzin, Diesel, Gas oder Dampfmotor verwendet ist eigentlich wurscht.

Beim EL-Motor sollte einzig die Batterie nicht zum Leergewicht gerechnet werden.

Ich mag das amerikanische Motto KISS:

Keep it simple stupid

Das sollte auch in die 120kg gehen.


Gruss Erkki :D :D :D :D
Sit on top :mrgreen:
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