Canard

Moderator: Moderatorenteam

Antworten
Benutzeravatar
erkki67
Beiträge: 1810
Registriert: Di 15. Aug 2006, 09:26
Wohnort: in der Schweiz

Canard

Beitrag von erkki67 » Di 25. Sep 2007, 16:25

Und hier noch ein weiterer Ansatzpunkt :

http://www.net-art.de/mech/Geschichte4/ ... efault.htm

Zur geschichte weiss ich ein paar Details, auch die leidiges das der Professor mit dem Gerät dem 2FL ums leben kam, jedoch aus aerodynamischen Gründen der Schubverktorsteuerung welche in einer bestimmten Voraussetzung die Steuerung umkehrte.

Man schaue sich jedoch das Bild des Canard 3 an und addiere am oberen Flügel an den Enden Spreizklappen, Höhenruder bleib wo es hingehört vorne, zumindest in diesem Falle und die Querruder wiederum am ober Flügel. Der Motor könnte im Kreuzpunkt des Pylons und dem Oberen Flügel befestigt werden, mit einem relativ grossen Propeller, fehlte nur neich ein vernünftiges Fahrwerk. Wie schwer könnte wohl ein solches UL werden?

Gruss Erkki :eek:
Sit on top :mrgreen:
busbumde
Beiträge: 1203
Registriert: Di 4. Okt 2005, 08:51

Beitrag von busbumde » Di 25. Sep 2007, 18:17

Die blutigste Geschichte der Fliegerei war die Ente, sagte eine Statistik von Anfang der 90er Jahre. Da würde ich ganz bestimmt die Finger von lassen Erkki.

Wenn Du alleine mal siehst, wie die Farner Ente am Anfang auf Querruder reagierte am Hang, ausbrach und völlig unsteuerbar wurde, dann weißt Du alles, aber davon erzählt heute keiner mehr was. x-plane simuliert genau das sehr gut, übrigens. Später wurde es ja auch besser, bis man auf die Idee mit dem drehbaren Canard kam. Ob man da auch noch die Gewichtssteuerung auf schiebbarem Liegesitz hatte, weiß ich nicht.

Es gab ja dann auch mal kurz einen UL-Versuch mit Schubmotor als Farner Umbau, aber Enten ziehen aus Prinzip vier Wirbelschleppen hinter sich her, auch vom hochbelasteten Canard, sind also ohne besondere Feinheiten letztlich einer Normalkonfiguration mit neutralem Höhenleitwerk höchstens ebenbürtig, nicht besser, und müssen im Ernstfall versuchen dadurch abzufangen, daß ein eh schon hochbelasteter Canard noch mehr Auftrieb erzeugen soll. Das kann bei Regen schon mal schlecht ausgehen. Da wäre mir ein "halber Tisch" hinten, der einfach nur die Luft umlenken juß um abzufangen, lieber - sprich ein normal Leitwerk.

Und wie einmal ein berühmter deutscher Testpilot sagte: Keine der Enten aus der Selbstbauerszene könnte jemals eine normale Zulassung bekommen, zu problematisch ist das Verhalten bisweilen im Grenzfall. Und der sollte es wissen, er hat genug davon geflogen.
Traumflug
Beiträge: 253
Registriert: Mi 30. Mai 2007, 09:28
Wohnort: Sipplingen / Bodensee

Beitrag von Traumflug » Di 25. Sep 2007, 19:40

<table width="90%" cellspacing="1" cellpadding="3" border="0" align="center"><tr> <td><span class="genmed">Zitat:</span></td></tr><tr><td class="quote">
busbumde schrieb am 25.09.2007 20:17 Uhr:
Die blutigste Geschichte der Fliegerei war die Ente, sagte eine Statistik von Anfang der 90er Jahre.
</tr></td></table>

Das mag sein, gleichzeitig gibt es eine ganze Reihe zuverlässig fliegender Enten.


<table width="90%" cellspacing="1" cellpadding="3" border="0" align="center"><tr> <td><span class="genmed">Zitat:</span></td></tr><tr><td class="quote">
Enten ziehen aus Prinzip vier Wirbelschleppen hinter sich her, auch vom hochbelasteten Canard, sind also ohne besondere Feinheiten letztlich einer Normalkonfiguration mit neutralem Höhenleitwerk höchstens ebenbürtig, nicht besser, und müssen im Ernstfall versuchen dadurch abzufangen, daß ein eh schon hochbelasteter Canard noch mehr Auftrieb erzeugen soll.
</tr></td></table>

Sicher ist hier nur, dass sich da die Gelehrten streiten.

Auch ein Drachenflugzeug (die übliche Konfiguration) zieht vier Wirbelschleppen hinter sich her. Unterschied ist, dass das Leitwerk hier im Normalflug Abtrieb erzeugt. Das ist dann auch genau der Ansatz, der Leute Enten bauen lässt: Besser alle Flächen Auftrieb erzeugen lassen als sie teilweise gegeneinander arbeiten zu lassen.

Dem gegenüber stehen die Nachteile, dass die Hauptfläche bei bestimmten Anstellwinkeln im "Windschatten" des Höhenleitwerks ist und dass man die hintere Tragfläche niemals optimal auslegen kann, da sie nahe des Stalls den Strömungsabriss immer nach der vorderen Fläche haben muss.

Ob die Vor- oder die Nachteile überwiegen, das muss laut einem Aachner Professor für Aerodynamik erst noch heraus gefunden werden.


Markus


Edit: Strömungsabriss ist natürlich vorne zuerst.
busbumde
Beiträge: 1203
Registriert: Di 4. Okt 2005, 08:51

Beitrag von busbumde » Di 25. Sep 2007, 20:34

<table width="90%" cellspacing="1" cellpadding="3" border="0" align="center"><tr> <td><span class="genmed">Zitat:</span></td></tr><tr><td class="quote">
Ob die Vor- oder die Nachteile überwiegen, das muss laut einem Aachner Professor für Aerodynamik erst noch heraus gefunden werden.
</tr></td></table>


Weiß ich, aber manchmal entscheidet das der Markt halt schneller als eine Uni und fleißige Studenten, etwa am Beispiel von Avanti, Starship et al.

Und Auftrieb vorne als Hilfe zum Aufrichten war schon bei der Pou du Ciel ein Riesenproblem, am Anfang, dann bei der Quicky und auch bei einigen Enten mit überreiztem Canard-Profil. Da hängt es dann wirklich am Regen, an Mücken oder sogar nur an Hysterese, ob du nicht mit einem unkorrigierbaren Gleit- oder Sturzwinkel einschlägst.

Für alle: Hysterese, die Strömung legt sich erst weit unterhalb des Abrisswinkels wieder an, bei der Ente also am Canard. Ein Pilot müsste also mal deutlich drücken, um sein eh schon mit Knüppel am Bauch Erde zeigendes Flugzeug wieder "strömungsfein" zu machen. Schwierige Situation für den Nichttestpiloten, der nicht ahnt, was vorne los ist.

Daher mein Hinweis darauf, das genau das bei einer mäßig ausgelegten Drachenkonfiguration= Normalflugzeug kaum eintreten wird. Auch nicht bei Primitivbauweise=Einfach-Ul.

Nur darauf kam es mir an bei Ekkis Frage, daß ich ansonste nichts gegen neue Flugzeugauslegungen habe, dürfte ja bekannt sein :-)

(Hysterese gibt es übrigens auch beim Hauptflügel eines UL, wenn die Nase wegen Rohrholms dort mehr als 50% der Dicke des Profils hat und wenn keine Rauhigkeit vorliegt, also etwa Tuch mit drei Schichten Lack völlig glatt lackiert wurde - Amistyle. Solche Profile fliegen auch bei uns, sollte man also wissen. Ist aber leider kaum bekannt, die Russen haben diese Untersuchungen in den 80ern gemacht. Manchmal ist etwas mehr Wölbung in der Skelettlinie des Profils auch etwas mehr Sicherheit.)

Dieter
busbumde
Beiträge: 1203
Registriert: Di 4. Okt 2005, 08:51

Beitrag von busbumde » Mi 26. Sep 2007, 06:48

Nachtrag zur Ente und möglichen Nach- und Vorteilen:

Ich habe mich in den 80ern in Speyer mit dem hiesigen Enten Papst Farner mal länger unterhalten, Freund Reinhard deutsch machte mich mit ihm bekannt. Farner propagierte damals den Mikro-Wellenflug und meinte, theoretisch aus 100 m Höhe von München nach Hamburg fliegen zu können, wenn es genug Thermik und Turbulenz gäbe. Seine Überlegung:

Fliegt eine langsame und leichte Entenkonfiguration hoher Streckung durch eine Turbulenz mit Aufwärtskomponente, so hebt die Anstellwinkelschwingung in Verbindung mit der Grundgeschwindigkeit zunächst den Canard und dann den Flügel=Stabilisierungsfläche wirksam an. Daraus resultiert insgesamt ein Höhengewinn mit Stabilisierung.

Eine entsprechende Normalkonfiguration würde zwar auch über den Flügel beim Durchflug angehoben, steckte aber dann bei der Normalauslegung sofort die Nase nach unten, um so geringere Anströmwinkel und Stabilität sicherzustellen. Kein guter Höhengewinn also, nur Wellenflug.

Insofern war eine solche Ente wie von Farner angedacht mit minimaler Flächenbelastung und großer Streckung (nur dann funktionierts mit dem Höhengewinn) ein Schritt in eine ganz andere Art von Fliegen. Viel zu früh, denn ein leichter E-Motor mit leichten Batterien wäre die heute mögliche sinnvollste Ergänzung, aber leider technologisch immer noch sehr anspruchsvoll.

Wie Schönherr auf seiner Seite kurz anmerkt, war es in der Tat eine Sauerei, daß Rochelt mit der Solair und Industrieunterstützung auf Farner und dessen Formen aufbaute, ohne Farner mit dessen Leistung auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Aber Rochelt, den ich auch kennelernen durfte, war halt ein Selbstdarsteller und Presseliebhaber ohnegleichen, dazu ein geschickter Sponsorenaquisiteur und - natürlich - ein Mann mit Ideen, die gut funktionierten. Diese Mischung aus Selbstdarstellung, Geld und Ideen machte ihn erfolgreich, obwohl nie eine Serie aus seinen Ideen herauswuchs, was Farner ja immer als Grundsatz anstrebte. Er wollte das bessere Flugzeug für alle, Rochelt das Beste für sich.
Antworten